Nicht nach Plan: Wieso konnte mein Anschlusszug nicht warten?
Es kommt bei Verspätungen vor, dass ein Anschlusszug nicht wartet. Dies sind die Gründe.
Wartende Anschlusszüge: Dominoeffekte verhindern
Auf dem deutschen Schienennetz sind 385 Eisenbahnverkehrsunternehmen unterwegs, um Reisende ans Ziel zu bringen. Alleine die Züge der Deutschen Bahn werden am Tag von über sechs Millionen Menschen genutzt. Neben der umfangreichen Infrastruktur ist auch ein komplexes System an Planungen notwendig, um die Züge pünktlich fahren zu lassen. Damit dies alles möglichst reibungslos funktioniert, sind die Mitarbeiter der Bahn 365 Tage im Jahr im Einsatz. Trotzdem läuft nicht immer alles rund. Unvorhergesehene Störungen und Verspätungen können zum Beispiel auch dazu führen, dass der Anschlusszug nicht warten kann, denn Folgezüge wären sonst ebenfalls von Verspätungen betroffen. Um Kettenreaktionen zu verhindern, muss die Verspätung daher im laufenden Betrieb wieder ausgeglichen werden.
Möchte also ein Reisender beispielsweise von Bremen nach Hanau fahren, steigt er in Bremen in den IC 2431, welchen er in Hannover für einen Umstieg in den ICE 881 wieder verlassen muss. Hat der IC Verspätung und der Anschluss-ICE in Hannover würde entsprechend warten, hätte der ICE in Folge ebenfalls Verspätung, welche sich auf weitere Anschlusszüge, die auf den ICE 881 warten, auswirken würde. Der oben genannte Dominoeffekt würde eintreten und sich deutschlandweit auswirken.
Welcher Zug darf warten?
Die Entscheidung, ob ein Anschlusszug wartet, wird immer im Einzelfall von speziellen Mitarbeitern der Deutschen Bahn, den sogenannten Disponenten, getroffen. Sie ist abhängig von:
- der Anzahl der Reisenden, die es betrifft,
- dem Angebot für Alternativverbindungen für die Reisenden und
- der Auswirkung der längeren Standzeit auf den wartenden Zug.
Wären also durch das Warten eines Zuges mehr Reisende von Verspätungen betroffen und gibt es noch dazu gute Alternativverbindungen, weil der Bahnhof einen Knotenpunkt darstellt, wird der Anschlusszug nicht warten, um insgesamt möglichst wenig Verspätungen zu verursachen. Ein Beispiel: 30 Reisende befinden sich in einem Zug, der Verspätung hat, und erreichen ihren Anschluss nicht wie geplant. Würde der Anschlusszug warten, wären jedoch 13 weitere Anschlüsse gefährdet und über 300 Reisende von Verspätungen betroffen. Der Disponent wird in einem solchen Fall die Entscheidung treffen, den Anschluss für die 30 Reisenden nicht warten zu lassen, damit die 13 Anschlusszüge durch die 300 Reisenden pünktlich in Anspruch genommen werden können.
Wie erfahre ich, ob ich meinen Anschlusszug erreiche?
Möchten Sie sich informieren, stehen Ihnen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Auf bahn.de erfahren Sie über das Reiseinformationssystem und die Liveauskunft ob Ihre Züge pünktlich fahren. Mit den Benachrichtigungen zur Reise können Sie sich informieren lassen, falls Ihr Zug mehr als 10 Minuten Verspätung hat. Sie bekommen die Benachrichtigung per E-Mail.
- Per Smartphone hält Sie auch die App DB Navigator mit den Benachrichtigungen zur Reise auf dem Laufenden.
- In den Zügen und auf den Bahnhöfen helfen Ihnen die Mitarbeiter der Bahn außerdem gerne weiter.
[Aktualisiert am 11.08.2020: Verspätungsalarm auf bahn.de und im DB Navigator heißt jetzt Benachrichtigungen zur Reise.]
Ich war gestern (10.03.2019) mit dem RE58217 von Würzburg nach Nürnberg unterwegs.
Der Sturm hatte einen Baum umgeknickt, der vom vorausfahrenden ICE angefahren wurde. Mein RE musste 45 min. auf freier Strecke stehenbleiben. Der Anschlusszug nach München war weg. Gut, kann passieren.
Warum muss der RE dann in Fürth enden, mit dem Hinweis, man solle sich auf eigene Faust nach Nürnberg durchschlagen?
Der nächste Anschluss nach München war deshalb ebenfalls futsch.
Was soll das? Welchen Sinn sieht die Bahn darin? Reisende die ab Nürnberg zurück nach Würzburg wollen, müssen dann ebenfalls erstmal nach Fürth kommen?
Hallo InsideBahn952993,
die Gründe, warum ein Zug vorzeitig endet, kann verschiedenen Gründe haben. Wenn sich z. B. eine große Verspätung aufgebaut hat, kann dadurch die Verspätung für den folgenden Betriebsablauf minimiert und dieser damit reguliert werden. Ist eine Weiterfahrt nicht möglich, sollte eine andere Möglichkeit zur Weiterfahrt für die Reisenden aufgezeigt werden. Nach meinen Informationen ist es korrekt, dass der RE 58217 in Fürth Hbf geendet hat, allerdings ist der RE 58219 um 14.57 Uhr in Fürth Hbf abgefahren und um 15.05 Uhr in Nürnberg angekommen. /ka
Frühs, auf dem weg zur Arbeit fahre ich 5.22 mit der S-Bahn nach leipzig Hbf (von Delitzsch). Bevor mein Zug am Hbf eintrifft, kommt ca 30 Sekunden früher eine weiter bahn, am gegenüber liegendem Gleis, die mich nach Leipzig Leutzsch bringen soll, meist ist es so dass wenn ich Aussteige die Bahn gerade am wegfahren ist, und wenn mein erster Zug Verspätung hat kann ich denn auch nicht erreichen, nun stell ich mir die Frage, ob es möglichkeiten gibt, dass dieser Zug 1 Minute warten könnte, bis mein Zug angekommen ist und ich eingestiegen bin. Wenn ich diesen Zug nicht Schaffe, komme ich meist 30 Minuten zu spät auf die Arbeit. Und muss mit der Straßenbahn fahren, wo ich noch ein extraticket für mein Fahrrad kaufen muss.
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Hallo Kofi,
alle Züge fahren nach einem Fahrplan, welcher wie ein Zahnrad ineinander greift. Das Warten eines einzelnen Zuges würde Folgeverspätungen nach sich ziehen und damit den gesamten Betriebsablauf gefährden. /ka
Es gibt auch das Problem, daß ein Zug wegen Bauarbeiten früher fährt und man dann keine Chance hat, ihn zu erreichen, wenn ein viel frequentierter und selten fahrender Busanschluß besteht. Jüngstes Beispiel: IC 2213 vom Ostseebad Binz nach Stuttgart. Dieser Zug bedient den ganzen Darss und nimmt in Ribnitz-Damgarten sehr viele Urlaubs-Rückreisenden vom ganzen Darss auf. Der Bus, der normalerweise auf diesen Zug passt, kommt um 11:28 in Ribnitz-Damgarten an. Nun fährt der IC wegen Bauarbeiten abweichend 30 Minuten früher, d.h. statt 11:55 um 11:25 in Ribnitz-Damgarten ab! Ich kann mir nicht vorstellen, daß es unmöglich wäre, den Zug nur 25 Minuten früher fahren zu lassen und zu vereinbaren, daß die Fahrgäste, die auf diese einzige Busverbindung vom Darss angewiesen sind, in Ribnitz-Damgarten abgewartet werden. Die Verspätung, die dadurch abgefangen werden soll ist sowieso unwägbar, da käme es auf ein paar Minuten wohl kaum an. Für eine gute Reiseverbindung schon, denn weder Bus noch Züge fahren in dieser Konstellation alle halbe Stunde! Bei solcher Planung kann ich nur sagen: Für wen fährt die Bahn denn eigentlich? Für ihre Fahrgäste in dem Fall nicht. Und wer zahlt die hohen Fahrpreise, die gern mit “Service” begründet werden??
[Bearbeitet am 11.07.2016 um 15:07:10 Uhr]
Öfters ließe sich eine Verspätung bereits dadurch “ausbügeln”, dass der verspätete Zug und der (mehr oder weniger pünktliche) Anschlusszug am selben Bahnsteig halten würden. Dann würde ggf. ein sehr kurzes Abwarten ausreichen.
Weiterhin gibt es den Fall, dass ein potentieller Anschlusszug unpünktlich ist und erst dadurch eine Anschlussverbindung mit weniger warten ermöglicht wird. Solche Verbindungen werden regelmäßig totgeschwiegen. Diesen Fall hatte ich kürzlich von Kassel ab 7:39 nach Berlin mit Umsteigen in Hannover: Statt knapp einer Stunde Warten konnte ich einen Anschlusszug erreichen, der planmäßig 2 oder 3 Minuten vor der Ankunft meines Zuges abfahren sollte, aber laut Internetauskunft 5 Minuten verspätet war, so dass ich mich sehr beeilt habe. Gleis 8 und 9, aber nicht am selben Bahnsteig. Es wurden dann aber eher um 7 Minuten Verspätung in der Abfahrt, laut Ansage bei Abfahrt übrigens wegen “Warten auf verspätete Anschlusszüge”. Damit war aber gewiss nicht “mein” Zug aus Richtung Kassel gemeint gewesen.
Schlecht ist bei den Ansagen am Bahnhof, dass der jeweils nächste Anschlusszug als erstes angesagt wird, mit der Folge, dass alle Reisenden, die nicht als erstes aussteigen, diese Ansage nicht gut hören können. All knappen Anschlusszüge sollten am Ende der Ansagen nochmals wiederholt werden.
Danke dafür, dass Sie die Komplexität des Themas so umfassend und übersichtlich dargestellt haben-das macht das Verständnis für die Dimension leichter.
Ich vermisse darüber hinaus zwei Informationen und würde mich freuen, wenn Sie diese bei Gelegenheit nachreichen:
Wer definiert, was ein Anschlusszug ist? Ich fahre regelmäßig einem ICE von einem innerstädtischen kleineren Bahnhof, an dem er nicht hält, entgegen. Leider kann ich ihm dann auch häufiger bei der Abfahrt zuwinken. Laut Auskunft eines Zugbegleiters ist das u.a. deshalb der Fall, weil der RE durch die entgegengesetzte Fahrtrichtung nicht als Anschlusszug gesehen wird. Warum ist das auch bei innerstädtischen “Zubringerzügen” so?
Für den Fall, dass man in einem Zug sitzt, der nicht von der DB betrieben wird, wäre eine Option zur Online-Vormeldung o.ä. wirklich hilfreich (aber vermutlich ist das zu komplex und nicht umsetzbar über knapp 400 Unternehmen hinweg).
Ansonsten freue ich mich über weitere Einblicke in ähnlich ansprechend aufbereiteter Form.
Hallo kaluhart, vielen Dank für Ihren Beitrag. Anschlusszüge sind die Züge, welche Sie nach einem Umstieg bis zu Ihrem Reiseziel nutzen. Dabei ist jedoch immer die Mindestumsteigezeit für bestimmte Bahnhöfe zu beachten. Diese wird in der Reiseauskunft automatisch berücksichtigt. Gern können Sie mir Ihre Reiseroute schreiben und ich schau mir das einmal an. /gu
Hallo gu,
danke für Ihre Antwort – leider kann ich auf den Kommentar nicht direkt antworten, daher auf diesem Wege: Ich will meine genaue Reiseroute inkl. der exakten Pendelzeiten ungern öffentlich teilen und bitte Sie daher um eine Möglichkeit, Ihnen diese Details auf anderem Weg mitzuteilen.
Danke für Ihre schnelle Reaktion und freundliche Grüße
kaluhart
Hallo kaluhart,
gerne können Sie meiner Kollegin eine E-Mail an dbbahn.facebook@bahn.de schicken. Viele Grüße /ja
Liebes Team von inside.bahn.de,
vielen Dank für die Erläuterungen und Info-Grafiken zum Thema Verspätungen und Anschlüsse.
Darf ich ein paar Erfahrungen und Gedanken dazu äußern?
1. Als der leicht verspätete IC von Osnabrück in Richtung Süden, in dem ich saß, vor der Einfahrt nach Münster Hbf. warten musste, um einen Zug der DB Regio vorzulassen, erhielten die staunenden Reisenden im IC die Auskunft, dass der Nahverkehr (DB Regio) Strafe zahlt, wenn Züge verspätet abfahren, und wir deswegen warten mussten. Das sei eben ein unschöner Nebeneffekt der Bahnreform.
Dies geschah vor einigen Jahren, doch es hat sich mir ins Gedächtnis eingebrannt.
Diese Thematik kommt in Ihren Erläuterungen leider nicht vor. Zu Unrecht, wie ich finde. Pünktlichkeit im Nahverkehr um jeden Preis, um Strafzahlungen seitens der Besteller (Aufgabenträger) zu vermeiden, auf Kosten und auf dem Rücken der Fahrgäste, deren Reisekette gestört und für die doch das System Eisenbahn überhaupt existiert, können der Bahn als Ganzes schaden.
2. Im übrigen bestreite ich Ihre Darstellung des deutschlandweiten Domino-Effekts. Verspätungen lassen sich im gewissen Rahmen wieder einholen, besonders bei deutschlandweiter Betrachtung. Leider hat der Rückbau von Infrastruktur (z.B. Ausweichmöglichkeiten, Durchfahrgleisen an Bahnhöfen, Umgehungskurven) seit dem Beginn der Bahnreform das Problem verschlimmert.
Vielleicht setzt ja wieder ein Umdenken ein? Kurzfristige Spareffekte können auch die Wirtschaftlichkeit der Bahn langfristig noch verschlimmern.
Mit freundlichen Grüßen aus Osnabrück,
Joachim Welsch (joachimw1960)
Die Verhinderung des Domino-Effektes ist ja nachvollziehbar. Als Vielfahrer mache ich jedoch die Beobachtung, dass Regionalzüge grundsätzlich nicht mehr auf Fernzüge warten. Hier geht es doch vor allem darum, die Pünktlichkeitsstatistik der Bahn zu schönen. Der Anschlusszug eines verspäteten Zuges fährt pünktlich und wird statistisch so erfasst – die geplatzte Anschlussverbindung wird nicht gezählt. Leider veröffentlicht die Bahn ja keine Statistik über die verpäteten Gesamtreisezeiten von Umsteigeverbindungen, aus gutem Grund, die fällt ja noch katastrophaler aus als die Statistik der verspäteten Züge. Die Bahn lässt ihre Züge von A nach B fahren, dass darin Menschen sind, die von A über B nach C wollen, ist irrelevvant -leider.
Dazu kommt noch das Boni-Interesse des Managements, auch diese werden über die Einhaltung von Verspätungen von Zügen reguliert. Würden die Bahnmanager nach den verspäteten Gesamtreisezeiten ihrer Kunden vergütet, würden viele von ihnen wohl in den Niedriglohnsektor fallen.
Komme gerade aus einem 80 min verspäteten ICE, der regionale Anschlusszug hätte nur 50 Sekunden warten müssen, jetzt fahr ich nochmal mit 70 weiteren Minuten Verspätung weiter durch die Nacht . Unglaublich. Es ist erstaunlich, dass die Bahn dieses Land noch nicht vollends zum Stillstand gebracht hat.