ETCS: Das Europäische Zugsicherungssystem
Wir erklären, wie ETCS Züge und Strecken sicherer macht.
ETCS – der Autopilot für die Schiene
Das European Train Control System (Europäisches Zug-Kontroll-System), kurz ETCS, ermöglicht das Fahren ohne Haupt- und Vorsignale und erhöht dabei zugleich die Sicherheit. Vergleichbar ist das System mit einem Autopiloten, wie er in der Verkehrsluftfahrt bereits seit Jahrzehnten üblich ist.
Anhand von Angaben aus dem Streckenatlas, einer genauen Positionsbestimmung und vorgegebenen Führungsgrößen überwacht das System den Zug und kann damit auch bei hohen Geschwindigkeiten rechtzeitig die richtigen Entscheidungen zur Sicherung der Zugfahrt treffen. Wie auch im Flugzeug-Cockpit hat jedoch der Lokführer das letzte Wort – er kann den Zug auch fahren und steuern, wenn das System ausfällt oder andere unvorhergesehene Ereignisse eintreten.
Erfurt-Leipzig ist die erste Regelstrecke mit ETCS
Wie das ETCS-System im Realbetrieb arbeitet, können Fahrgäste auf der Schnellfahrstrecke zwischen der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt und der sächsischen Metropole Leipzig erleben. Auf dieser Strecke fahren die ICE-T-Züge bereits seit Dezember 2015 mit dem ETCS, im Level 2 – ganz ohne Signale.
Die Züge werden von den ETCS-Streckenzentralen (Radio Block Center = RBC) überwacht. Dazu besteht ständig eine Verbindung zwischen dem RBC und dem Zug per GSM-R (Global System for Mobile Communications – Rail). Dieses Funksystem lässt sich mit dem Mobilfunksystem bei Handys vergleichen, ist aber auf den Betrieb entlang von Bahnstecken optimiert. Zusätzlich werden in regelmäßigen Abständen mit Hilfe sogenannter Balisen, einer Art Transponder, Positionsbestimmungen auf der Strecke durchgeführt. Diese Balisen befinden sich zwischen den Schienen auf den Schwellen. Fährt ein Zug darüber, werden die benötigten bahnbetrieblichen Informationen übertragen und sowohl der Bordcomputer als auch das RBC wissen, wo sich das Fahrzeug exakt befindet. Zusätzlich überwacht ein Dopplerradar Position und Geschwindigkeit des Zuges. So wird sichergestellt, dass die Lage des Zuges immer betriebssicher erfasst ist.
Die Fahrbefehle erhält der Zug dann aus der ETCS-Streckenzentrale. Sie weiß, dass das Gleis frei ist und die Voraussetzungen für die Befahrung gegeben sind. Die automatisch erteilte Fahrtfreigabe (Movement Authority, kurz MA) sorgt dann dafür, dass sich der Zug auch ohne Signale sicher auf der Strecke bewegen kann. Zwischen Erfurt und Leipzig ist dies dank der ausgefeilten Sicherungstechnik mit bis zu 300 Stundenkilometern möglich.
Und wozu gibt es dann noch den Lokführer?
Das gesamte System hat in sich mehrere Rückfallebenen. Zum Teil können auch Ausfälle innerhalb der Systeme kompensiert werden. Ein reiner Fahrbetrieb ohne einen Lokführer wäre inzwischen zwar technisch möglich, praktisch ist es aber der Lokführer, der die Sicherheit der Systeme auf der Strecke überprüft. Er trägt nach wie vor die Verantwortung für den Zug und seine Passagiere oder seine Fracht. Er beobachtet die Strecke und stellt sicher, dass es keine Schäden oder Hindernisse gibt und ist die letzte und wichtigste Sicherungsinstanz im System. Hinzu kommt, dass bislang nur wenige Strecken mit dem technisch anspruchsvollen und preisintensiven System ausgerüstet sind. Sobald der Zug auf anderen Streckenabschnitten weiterfahren soll, ist der Lokführer ebenfalls unverzichtbar.
Der lange Weg zum ETCS
Die Forschungen und Einrichtungen zur Zwangsbremsung von Zügen und zur Beeinflussung von Triebfahrzeugen gehen bereits auf die 1930er Jahre zurück. Seit Anfang der 1970er Jahre wurden die Systeme der sogenannten Linienzugbeeinflussung auf verschiedenen westdeutschen Strecken getestet. Doch erst im Dezember 1989 trafen sich die Vertreter aller EU Staaten, um die Schaffung eines einheitlichen Zugsicherungssystems zu beschließen.
Den Planern ging es dabei vor allem um den grenzüberschreitenden Verkehr. Mit dem einheitlichen ETCS sollte ein international gültiger Standard etabliert werden, den dann auch andere Staaten und Bahngesellschaften übernehmen können. Bislang hat die Europäische Kommission vornehmlich die Ausrüstung internationaler Korridore vorangetrieben, die bis Mitte der 2020er Jahre durchgängig mit dem ETCS befahren werden sollen. Außerdem sollen neue Loks generell mit diesem System ausgerüstet werden, aber bis auf Weiteres auch ohne das System mit herkömmlichen Signalen fahren können.
Ende Januar haben der Verband Region Stuttgart (VRS) und das Land Baden-Württemberg beschlossen, die Chancen des ETCS in Verbindung mit der digitalen Stellwerktechnik zu nutzen und Stuttgart zum Pilotprojekt für ETCS im Regionalverkehr zu machen. Dazu gehört die Ausrüstung der gesamten Regio-Flotte und aller S-Bahnen für ETCS Level 2 im Rahmen des Projekts „Digitale Schiene Deutschland“. Ziel ist die Steigerung des Verkehrsangebots um rund eine Million Zugkilometer jährlich, was nur durch die digitale Aufrüstung möglich wird.
Die Leistungen des ETCS sind beachtlich und zeigen, in welche Richtung es in Zukunft im europäischen Bahnverkehr gehen wird. Zugleich ist die Einführung der komplexen und technisch hoch entwickelten Systeme mit enormen Investitionen verbunden.
[Aktualisierung am 19.03.2019: Verband Region Stuttgart und Baden-Württemberg wollen in ETCS investieren.]
Ich bin Lokführer in der Schweiz und wie Ihr wisst, gibt es bei uns schon lange ETCS im Regelverkehr.
ETCS ist lediglich eine Europaweite Harmonisierung der Signale und Zugsicherung in Form von Führerstandsignalisierung (somit auch für HGV) und hat mit Autopilot am Flugzeug nichts gemeinsam.
Im Gegenteil.
Die Deutschen CIR-Elke 2 Strecken ermöglichen mit dem Teilblocksystem eine höhere Zugfolge (in CH ETCS ca. 2 KM), sind deutlich sicherer und in Verbindung mit der AFB deutlich näher am Autopilot als ETCS.
Ebenfalls gibt es im LZB/ CIR Elke keine gefährdenden Fahrerlaubnissituationen!
Im Gotthard Basis Tunnel kann es schon mal passieren, dass das RBC den Zug nicht findet/ verloren hat und im FS volle Führungsgrössen kommen. (Googelt einfach mal)
Fazit:
Als praktischer Anwender fühle ich mich bei CIR-Elke Strecken sicher und bei ETCS nicht!!!
Der aktuelle Untertitel – der auch auf der Bahnhomepage steht – suggeriert, dass Zugfahrten nicht sicher seien, ansonsten müssten sie ja nicht sicherer gemacht werden. Das stimmt aber nicht. Es sind ja aktuell (und waren in der Vergangenheit auch immer) Zugsicherungssysteme im Einsatz, die Bahnverkehr prinzipiell sicher machen.
Bei Verbesserungen im Bereich Zugsicherungssysteme geht es darum, die Strecken besser auszunutzen, insbesondere indem Züge in dichterem Abstand hintereinander fahren können (kleinere Blockabstände) und schneller fahren können. Außerdem hier bei ETCS eben um ein einheitliches System in Europa, um auch internationale Zugfahrten einfacher zu realisieren.
Meines Erachtens sollte der Untertitel korrigiert werden, da er aktuell irreführend ist und bei einfachem Hinweglesen ein falsches Bild über Bahnverkehr produzieren könnte.
Deutsch ist zwa nicht meine muttersprache aber für eurobalise oder balise besteht ein gutes deutsches wort. Die baken oder die Funkbaken. Balise ist den französischen wort. Viele grüsse. Paul
Welche Korridore sind denn bei uns von der Europäische Kommission auserwählt worden um mit ETCS ausgerüstet zu werden?
[Bearbeitet am 20.11.2017 um 16:52:16 Uhr]
Hallo Nortix,
hier finden Sie weitere Informationen. /tr